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Gouda: Qualität, Lagerung & andere Abenteuer

Gouda: Qualität, Lagerung & andere Abenteuer

14.08.2022 12:24

Das Abenteuer beginnt

„Dieser Käse wird ihnen vermutlich ziemlich trocken vorkommen“, warnte uns der Käsefarmer und grinste listig in die Runde der verdutzten Workshop-Gruppe. Und er sollte Recht behalten.

Anfang dieses Jahres besuchte ich während meines Urlaubs in den Niederlanden eine Käsefarm in der Nähe des Ortes Gouda. Übrigens, Gouda wird eher so ausgesprochen, als versuchte man irgendetwas trockenes im Hals steckengebliebenes herauszuräuspern, nämlich „Kchrouda“. Das „kchr“ sollte man gleich einem „R“ rollen, aber fast schmerzlich kratzen muss es. Verwirrt? War ich auch anfangs. Aber unserem Guide war das sehr wichtig. Sogar so sehr, dass der gesamte Ausflugsbus zwischenzeitlich „Kchrouda“ krächzend zu Corona-Zeiten durch die Gegend fuhr. Fußgänger starrten den Bus im Vorbeifahren angewidert an. Sei’s drum.

Weniger wichtig war ihm, dass wir allgemein die Niederlande als Holland bezeichnen. „So erkenne ich auf den ersten Blick Touristen“, stellte er fest und ergänzte „was soll ich jemandem schimpfen, der als Gast in unserem schönen Land ein wenig Geld hinterlässt?“ Okay, nette Einstellung dachte ich mir. Aber wenn jemand Deutschland als Bayern bezeichnen würde? Ich weiß nicht, ob ich das als Norddeutscher so großartig fände. Daher beachte ich dann lieber, dass Holland eine Provinz in den Niederlanden ist und zolle ehrfürchtig Respekt. Das mag beim Fußball aus meiner persönlichen Sicht vielleicht anders sein.

Auf der Käsefarm dann erwartete unseren Ausflugsbus – wie sich noch herausstellen sollte – ein sehr interessanter Workshop über Käse. Anfangs dachte ich noch, was für ein Käse! Jaja, Wortspiel, ich weiß. Das würde bestimmt tot langweilig werden, aber immerhin sollte es ja Kostproben von leckerem Gouda-Käse geben. Also ich mag Käse und nach der Busfahrt zur Käsefarm knurrte mein Magen dann doch etwas. Also warum nicht. Käse füllt ja bekanntlich den Magen.

Käse trocken, Käse nass

„Dieser Käse wird ihnen vermutlich ziemlich trocken vorkommen“, erinnerte ich mich der Worte des Käsefarmers als ich ein Würfelchen hausgemachten jungen Goudas auf meiner Zunge zergehen ließ. Die Konsistenz hatte was von Schafskäse oder festerem Frischkäse. Aber eben im Vergleich zum Gouda vom Discounter oder Supermarkt wirklich schon sehr trocken. Dennoch aber sehr lecker, also intensiver. Die Workshop-Teilnehmenden schauten sich erst etwas skeptisch, aber dann entschieden positiv an: Lecker! Der Käsefarmer stand indes entspannt, doch sichtlich stolz, wartend da und nickte wissend.

„Was glauben sie, wieviel Salzwasser ist in dem Käse, den sie zu Hause im Aldi oder Lidl kaufen?“, fragte uns der Käsefarmer dann. Ich hätte die Falle erahnen müssen, aber ich war ehrlich gesagt noch von der Kostprobe des trockenen Goudas etwas abgelenkt. Es ging den anderen wohl auch so, keiner hatte eine Antwort. „Okay, gehen wir mal von einem Kilogramm jungen Gouda aus, den sie im Aldi, Lidl oder sonst einem Discounter bei sich zu Hause kaufen können“, präzisierte er. Wir schauten uns indes fragend an. In den hinteren Reihen traute sich jemand und fragte „100ml?“ Der Käsefarmer lächelte „Nicht ganz. Das würde man vielleicht erwarten, man bezahlt ja den Gouda und kein Salzwasser. Es ist etwas mehr!“ Nun gab es kein Halten mehr. Man kennt es ja, biete mehr als der andere, aber sei nicht drüber, sonst hast du verloren. Es erinnerte mich an eine berühmte TV-Show. „125ml!“, „129ml!“, „140!!!“… und dann haute jemand einfach kackendreist „300“ raus. Stille. Suchende Blicke. Bevor die Teilnehmenden zum Mob wurden, löste der Käsefarmer auf „Knapp. Es sind ca. 400ml Salzwasser auf ein Kilogramm jungen Gouda.“ Staunen. Entsetzen. Da kam der Preisfuchs in mir durch. Was soll das? Wieso ist da so viel Wasser drin? Dann öffnete er uns die Augen.

Deutscher Gouda aus den Niederlanden?!

Gouda als Begriff und dessen allgemeine Rezeptur ist nicht geschützt. Jeder kann also Gouda so herstellen wie er mag und das Erzeugnis dann entsprechend als Gouda verkaufen. Das deutsche Discounterunternehmen Lidl ist inzwischen der größte Gouda-Produzent. Da auch die Niederländer, wie wir Deutschen, Sparfüchse sind, kaufen sie natürlich den günstigen „deutschen“ Lidl Gouda (kostet circa 5 bis 6 Euro pro Kilogramm). Der Produktionsanteil in den Niederlanden beträgt ca. 80%. Wenn also dieses Massenprodukt fast zur Hälfte billiges Salzwasser enthält, dann gewöhnt sich der Gaumen irgendwann mal daran und wundert sich, dass traditionell von einem Käsefarmer hergestellter Gouda trocken sei. Erstaunlich.

Natürlich würden die Niederländer auch noch selbst Käse herstellen, betonte der Käsefarmer mit etwas Wehmut. Die industriell hergestellte Variante ist der begrifflich geschützte „Holland Gouda“ mit einem Produktionsanteil von circa 18% in den Niederlanden. Hier ist das Verhältnis von Käse zu Salzwasser immerhin 800g Käse zu 200ml Salzwasser. Und dann, die restlichen 2% Produktionsanteil in den Niederlanden werden von Käsefarmern, wie ihm, unter dem geschützten Begriff „Gouda Bauernkäse“ (im Original „Goudse Boerenkaas“) hergestellt (ca. 10 – 12 Euro pro Kilogramm). Dafür gibt es speziell ein Siegel und jeder so hergestellte Käselaib hat auch eine Registriernummer. Auf die Frage hin, wieviel Salzwasser denn nun im Gouda Bauernkäse, so wie er ihn herstelle, drin sei, herrschte betretenes Schweigen. 20ml.


Bild: Das typische Siegel für den begrifflich geschützten Gouda Bauernkäse

An dieser Stelle muss ich kurz ausführen, dass ich zu diesem Zeitpunkt ein schlechtes Gewissen hatte. Käse kaufe ich gerne im Supermarkt oder bei Aldi ein. Sehr selten an eine Käsetheke und fast nie bei einem Käse-Dealer meines Vertrauens (letzteres gibt es hier nirgends). Dabei achtete ich bisher weder auf Tierwohl noch auf die Tatsache, dass neben billigen Zutaten, die regionalen Erzeuger außen vor waren. Mir war der günstige Preis sehr wichtig. Gerade in der aktuellen Zeit ist dieser Umstand von noch höherer Bedeutung. Mir war aber nicht klar, warum Discounter und Supermärkte im Vergleich zum lokalen Käse-Dealer des Vertrauens so viel billiger waren. Ganz einfach darum, weil sie den Käse mit billigen Zutaten strecken und darüber überhaupt diesen Preis (und wahrscheinlich auch noch eine gute Marge) realisieren können. Und dann denkt man weiter. Wo kommt eigentlich die Milch für den Discounter-Käse her? Gute Milch vom Bauern nebenan? Von da, wo die Kühe wenigstens noch auf einer Wiese stehen? Die Realität ist eine andere. Für die Großindustrie, welche so enorme Mengen an Rohstoffen benötigt, wird sprichwörtlich von überall herbeigeschafft. Natürlich auch von lokalen Erzeugern, wenn der Preis stimmt. Auch regional und national. Aber eben auch von Nachbarländern, wie z. B. Polen. Milch wird also extrem weit über Autobahnen hin und her transportiert. Das ist sogar noch günstiger als vom Milchbauern nebenan. Uff. Was das an CO2-Austoß bedeutet. Und das alles, weil ich den gewohnten und billigen Salzwasser-Gouda auf mein Frühstücksbrötchen will… Ich kannte es ja nicht anders.

Die richtige Lagerung

Eine neue Frage riss mich aus meinen Überlegungen, „Warum kann man im Supermarkt nur jungen und max. circa 9 Monate alten Gouda kaufen?“ Eine Gegenfrage, so simpel, forderte den Käsefarmer heraus „Gibt es denn noch anderen?“ Der Käsefarmer lachte laut „Ja klar. Sie können bei uns 3 Jahre alten Gouda kaufen. Den können sie mit Parmesan von der Intensität her vergleichen. Der schmeckt super. Würde ich meinen Käse an die Industrie verkaufen, bekäme ich nur den Preis für 3 Monate alten Gouda, egal ob er hier vorher 3 teure lange Jahre gereift ist oder nicht. Daher bekommen sie nur den sehr jungen Gouda zu Gesicht und wissen oft nicht, dass es da noch älteren gibt.“ Da wars wieder, das Preisargument. Hätte ich nicht gedacht. Wir bekamen dann eine Kostprobe des 3 Jahre alten Goudas. Diese Intensität, der Geschmack. Krass.

„Wird der denn nicht schlecht?“ fragte eine ältere Dame. Dies brachte den Käsefarmer zum nächsten Punkt auf der Workshop-Agenda.

Käse mag es nicht, wenn er schwitzt. Raus aus dem Kühlschrank. Rein in den Kühlschrank. Und in unseren praktischen Plastikverpackungen mit „Wiederverschließbarkeit“ würde man nun denken, dadurch sei der Käse geschützt. Aber das Schwitzen ist das eigentliche Problem. Vor allem dann, wenn der Käse durch sehr viel Wasser eben auch viel durch die Temperatur-Unterschiede schwitzen kann. Käse mit viel Wasser kann man aber nicht gut außerhalb des Kühlschranks lagern, die Erfahrung habe ich auch schon gemacht. Ja, aber? Hä?

Hier die Tipps des Käsefarmers:

  • Kaufe nur so viel Käse wie du in einer Woche verbrauchen kannst.
  • Kaufe guten Käse, wie z. B. den Holland Bauernkäse oder einen vergleichbaren lokalen Käse, mit niedrigem Wasseranteil, weil länger haltbar und natürlich leckerer.
  • Den runden Laib einfach in ein Tuch wickeln und bei Zimmertemperatur trocken und lichtgeschützt lagern. Ja, richtig gehört, einfach in ein Tuch wickeln.
  • Wenn am Laib Schimmel auftritt, einfach abwischen. Ja, auch hier richtig gehört, einfach abwischen.
  • Den Käselaib einfach von einem Ende zum anderen verbrauchen. Schneidet man eine Scheibe ab, die man dann ja genüsslich oral vernichtet hat, bleibt nur eine Schnittfläche am Käselaib zurück. Würde man den Laib halbieren; vierteln; achteln, ergäben sich viel mehr Schnittflächen – Fäulnis-Bakterien würden sich bedanken.
  • Wenn Käse am Stück statt Laib, dann einfach luftdicht einschweißen, hält locker 6 Wochen. Nach dem Öffnen innerhalb einer Woche verbrauchen.
  • Ein unversehrter Käselaib, wie er ihn herstellt, hält bei richtiger Lagerung über das gesetzliche Mindesthaltbarkeitsdatum eigentlich Jahre.

Natürlich habe ich dort auf Grund von Geschmack, aber auch aus Trotz, Gouda Bauernkäse gekauft und mit nach Hause gebracht. Aus Trotz deshalb, weil ich noch nie gute Erfahrung mit dem Lagern von Käse hatte. Selbst Tipps von Freunden und selbsternannten Profis, eine Käseglocke und andere „spezielle“ Werkzeuge halfen da bei Käse vom Discounter bzw. Supermarkt bisher nicht. Aber der Gouda vom Käsefarmer ließ sich wie empfohlen lagern und über einen langen Zeitraum verbrauchen. Es hat mich überrascht. Und ich glaube auch die Tipps, Käseglocke und Co, sind eigentlich gut. Aber auch nur dann, wenn es guter Käse ist.

Ja, ich kaufe auch heute noch Discounter-Käse. Schande über mich, ich weiß. Aber weniger als früher und dafür, wenn möglich, Bio. Auch wenn das nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Auf Wochenmärkten halte ich inzwischen gezielt Ausschau nach gutem Käse, ebenso bestelle ich an und ab mal (nicht so oft wegen des CO2-Fußabdrucks) auch mehrere Kilo aus Holland. Ähm, den Niederlanden, meinte ich. Davon geht dann auch was an die Schwiegermutter. Und auch hier im Bröös-Sortiment bin ich inzwischen fündig geworden. Ich muss mich mit den Lebensmitteln, die ich tagtäglich konsumiere, immer wieder auseinandersetzen und mich informieren, um ein Bewusstsein für gute und nachhaltige Lebensmittel zu bekommen. Das ist mir auf diesem Gouda-Workshop klar geworden.

In diesem Sinne Grüße an die Käsefarm Hoogerwaard (https://www.hoogerwaard.info) und großen Dank für all diese vielen Einblicke in das Leben eines Käsefarmers und Drumherum.

Wenn du jetzt auch Bock auf guten Käse hast, dann ab zu deinem Käse-Dealer des Vertrauens oder schau einfach mal in unser Käse-Sortiment unter https://www.broes.de/Kaese_6.

Über den Autor

Hape kümmert sich aus technischer Sicht seit August 2020 um den Bröös Online-Shop. Hin und wieder reist er gerne um die Welt und erlebt käsige Abenteuer.

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